Interessen beeinflussen Kinder, Jugendliche und Erwachsene das ganze Leben lang. Bereits im frühen Kindesalter beginnt die Interessenfindung bei der Spielzeugwahl und mit zunehmendem Alter beeinflusst das Interesse die Gestaltung der Freizeit. Die Wahl des Freundeskreises und der Austausch mit anderen Menschen ist häufig durch ähnliche Interessen geprägt und verleiht den Menschen individuelle Persönlichkeit. Dennoch ist es nicht möglich sich für jeden Gegenstand oder für jede Freizeitbeschäftigung zu interessieren und es gibt etliche Bereiche im Leben, die als uninteressant empfunden werden können. Die Versuche, für uninteressante Themen aus eigener Willenskraft Interesse aufzubauen, bedürfen verschiedener Bedingungen und der Frage nach der Herkunft von Interesse (Hartinger, 1997, S. 11).
Um Aussagen über Interesse zu machen, müssen Faktoren zu der jeweiligen Person und Auskünfte zum Gegenstand, an dem das Interesse empfunden wird, berücksichtigt werden. Die Beziehungen zwischen Gegenständen und Personen werden als Interessen bezeichnet und beruhen darauf, mehr über den jeweiligen Gegenstand zu erfahren, das Wissen darüber zu erweitern oder Neuigkeiten herauszufinden. Menschen identifizieren sich mit den Interessengegenständen, z.B. Themenbereichen, Tätigkeiten oder konkreten Dingen, indem sie sich damit auseinandersetzen und so ein langfristiges Interesse aufbauen (Rost, 2010, S. 312).
Die Schule ist für die Schülerinnen und Schüler ein Ort, an dem sie Interessen entwickeln können, die auch in Zukunft ihr Leben prägen oder an dem sie gelangweilt auf das Pausenklingeln warten. Forschungsergebnisse belegen, dass die Schule das Interesse eher negativ beeinflusst, da die meisten Schülerinnen und Schüler kein Interesse für die behandelten Themengebiete aufbringen. Ihre Interessenfindung ist vielmehr durch den Familien- oder Freundeskreis geprägt (Hartinger, 1997, S. 12). Bereits in der Grundschule und auch in den späteren Phasen der schulischen, beruflichen oder akademischen Ausbildung nimmt das Interesse an den dargebotenen Inhalten ab. Zusätzlich reduziert sich die Lernfreude und alle positiven emotionalen Erfahrungen und Einstellungen in Bezug auf das Lernen (Rost, 2010, S. 315). Lernsituationen, in denen das Interesse berücksichtigt wird, können die Lernmotivation, Aufmerksamkeit und Konzentration steigern und somit auch das Gelernte im Langzeitgedächtnis speichern (Rost, 2010, S. 314). Deswegen sollte die Schule das Ziel haben, die Interessen der Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu unterstützen, denn interessante Unterrichtsstunden bleiben bis ins Erwachsenenalter in Erinnerung und überschulische Interessen können zusätzlich entwickelt werden (Hartinger, 1997, S.13).
Zunächst wird zwischen dem situationalen und dem individuellen Interesse unterschieden. Situationales Interesse ist durch äußere Bedingungen beeinflusst, bezeichnet den Zustand des aktuellen Interesses und ist durch eine erhöhte Aufmerksamkeit und Lernbereitschaft ausgelöst sowie von Neugier geprägt. Unter der Voraussetzung von vielen verschiedenen Bedingungen kann sich aus einem situationalen Interesse ein langanhaltendes Interesse entwickeln. Hierfür muss das Interesse zum jeweiligen Gegenstand über längere Zeit anhalten und eine positive emotionale Beziehung zu diesem Gegenstand überwiegen (Krapp, 2002, S. 387f.). Individuelles Interesse ist dauerhaft und bezieht sich auf die bewusste Auseinandersetzung mit einem bestimmten Themen- oder Wissensgebiet. Lernsituationen, die durch intrinsische Motivation, also durch eigenen Antrieb ausgelöst werden, beruhen auf individuellem Interesse (Krapp, 2002, S. 387f.).
Diese beiden Interessenzustände können durch wertbezogene, emotionale und kognitive Merkmale genauer definiert werden. Zu einem muss eine hohe subjektive Wertschätzung des Gegenstandes bestehen. Wenn die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand durch zahlreiche positive Erfahrungen als positiv emotional erlebt, kognitiv herausfordernd und erkenntnisorientiert ist, kann eine Person umfangreiches Wissen über den Interessengegenstand aufbauen und anschließend über ein hochentwickeltes Wissen im jeweiligen Themengebiet verfügen (Einsiedler et al., 2011, S. 261f.). Aus einem situationalen Interesse kann sich demnach ein individuelles Interesse entwickeln, indem die gewonnenen Erfahrungen mit dem Gegenstand positiv sind, vermehrt Wissen angeeignet wird und eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Gegenstand stattfindet. Wenn sich die Person nun erneut freiwillig und ohne äußere Einflüsse mit dem Interessengegenstand auseinandersetzt, kann ein individuelles Interesse entstehen. Allerdings sind individuelle Interessen kostbare Eigenschaften eines Menschen, sodass der Übergang von situationalem zu individuellem Interesse ein langer Prozess ist.
Für die Schule ist die Unterscheidung zwischen situationalen und individuellen Interesse von enormer Bedeutung. Es ist nicht das Ziel der Schule, dass die Schülerinnen und Schüler für alle Themen dauerhaftes Interesse entwickeln. Vielmehr erhoffen sich die Lehrkräfte, dass die Schülerinnen und Schüler im Unterricht interessiert lernen, also ein situationales Interesse entwickeln und somit längerfristiges Interesse aufbauen.
Vorhandenes Interesse ist grundsätzlich eine günstige Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Schülerinnen und Schüler, die mit Interesse lernen, verknüpfen neue Sachverhalte besser und intensiver, investieren mehr Konzentration und Ausdauer in den Lernprozess und sind bereit weiter zu lernen, um somit unbewusst ihre eigenen Kompetenzen zu entwickeln. Interesse im Unterricht aufzugreifen und zu fördern ist demnach Zielsetzung jeder Lehrkraft (Stelter, 2007, S. 7).
Damit das Interesse aufgebaut, gefördert und erhalten werden kann, müssen die Bedürfnisse nach Selbstbestimmung, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit erfüllt werden. Ist dies nicht der Fall, können die Schülerinnen und Schüler nicht aus eigenem Antrieb Interesse und somit Motivation für ein Thema aufbringen (Hartinger, 2005, S. 8). Offener Unterricht schafft günstige Bedingungen für die Interessenentwicklung, da die Schülerinnen und Schüler ihren Lernprozess selbstbestimmt gestalten. Die Möglichkeit Lerninhalte und Lernwege selbstständig mitzubestimmen ist hierbei wichtig. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich ihre Partner- und Sozialformen selbst aussuchen und die Zeiteinteilung hinsichtlich der Raumnutzung und Korrektur von Aufgaben selbst einteilen. Die Kontrolle von Schülerleistungen kann aus dem Unterricht nicht verbannt werden. Dennoch sollten Lehrkräfte den Schülerinnen und Schülern detaillierte Rückmeldungen über erbrachte Leistungen geben und den Kontrollaspekt minimieren, da sonst die Motivation und das Gefühl von Selbstbestimmung verloren gehen (Hartinger, 2005, S. 19ff.). Lehrkräfte sollten zusätzlich darauf achten, überflüssige Belohnungen selten zu vermeiden, da vorhandenes Interesse und das damit verbundene Selbstbestimmungsempfinden durch zusätzliches Lob sinken kann (Hartinger, 2005, S. 24).
Des Weiteren können offene Aufgaben differenzierte, individuelle Lernprozesse und Erfolgserlebnisse hervorrufen, sodass sich die Schülerinnen und Schüler als kompetent erleben. Kompetenzorientierte Rückmeldungen, wobei die Leistungen der Schülerinnen und Schüler gewürdigt und die Misserfolge als nicht schädlich beurteilt werden, sind hierbei sehr wichtig. Zusätzlich sollte sich die Bewertung von Schülerleistungen an der individuellen Bezugsnorm orientieren. Anstrengung und Mühe werden berücksichtigt und gewürdigt, weswegen die Erfolgserlebnisse der Schülerinnen und Schüler höher sind und somit auch die Motivation und das Empfinden von Kompetenz (Hartinger, 2005, S. 25ff.).
Die ausgewählten Inhalte im Unterricht sollten für die Schülerinnen und Schüler attraktiv gestaltet sein. Themen aus der Lebenswirklichkeit, welche sich durch Fragen und Ideen der Kinder ermitteln lassen, können gerade im Sachunterricht durch Versuche und Experimente als interessant und motivationsfördernd empfunden werden. Für die soziale Eingebundenheit ist das Verhältnis der Schülerinnen und Schüler zu den Mitschülerinnen und Mitschülern sowie zu den Lehrerkräften von Bedeutung. Gruppenarbeitsphasen können dazu dienen, eine Zusammenarbeit zu fördern, allerdings ist hierbei ein adäquater sozialer Umgang nicht immer gewährleistet (Hartinger, 2005, S. 27ff.).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Schülerinnen und Schüler Aufgaben mit mehr Freude und Motivation widmen, wenn sie sich kompetenter, sozial eingebundener und selbstbestimmter fühlen. Misserfolgsängstliche Kinder suchen sich entweder zu leichte oder zu schwere Aufgaben heraus. Dies hat zur Folge, dass es zu Problemen bei Selbstbestimmungs- und Kompetenzempfinden kommen kann. Positive Emotionen, welche, wie bereits beschrieben, ein wichtiges Kriterium für Interesse sind, gehen dabei verloren. Das positive Selbstwertgefühl und die Hoffnung auf Erfolg, sind demzufolge wichtige Grundlagen von Interesse und Interessenförderung (Hartinger, 2005, S....